Lüftungskonzept und Lüftungsplanung - das sollten Sie wissen

2022-11-07 16:59:18 By : Ms. Hua Li

Der Mindestluftwechsel in Gebäuden muss unabhängig von der Anwesenheit und dem Verhalten der Nutzer gewährleistet sein. Dies verlangt eine detaillierte Lüftungsplanung. Hier erfahren Sie, welche Grundbegriffe und Kenngrößen rund ums Thema Lüftungskonzept wichtig sind und welche Vor- und Nachteile die verschiedenen Lüftungslösungen haben.

Ein Lüftungskonzept soll sicherstellen, dass in neuen oder modernisierten Gebäuden ausreichend Luftaustausch stattfindet. Es legt fest, welche lüftungstechnischen Maßnahmen in einem Gebäude zu treffen sind, um den erforderlichen Mindestluftwechsel unabhängig vom Verhalten der Nutzer zu gewährleisten.

Die Erstellung eines Lüftungskonzepts und die Berechnungen für die Auslegung zusätzlicher lüftungstechnischer Maßnahmen finden heute überwiegend softwarebasiert statt. Architekten und Gebäudeplaner können die Berechnungen komplett an spezialisierte Dienstleister übertragen. Hier werden darum nur die Grundzüge der Berechnung und die Eingangsgrößen dargestellt.

Moderne, im Hinblick auf die Energieeffizienz optimierte Gebäudehüllen sind heute weitgehend luftundurchlässig, aber nicht absolut luftdicht. Erster Schritt bei der Erstellung eines Lüftungskonzepts ist darum die Ermittlung der spontanen Infiltration über die Fenster sowie über Fugen und Bauteilanschlüsse in der Gebäudehülle. Ist der Luftvolumenstrom der Infiltration kleiner als der für den Feuchteschutz notwendige Luftwechsel, sind zusätzliche lüftungstechnische Maßnahmen für einen ausreichenden Luftaustausch erforderlich.

Die DIN 1946-6 fordert die Berücksichtigung von vier sogenannten „Lüftungsstufen“. Für diese Stufen muss das Lüftungskonzept einen ausreichenden Luftwechsel sicherstellen. Ergibt sich aus dem Lüftungskonzept, dass der erforderliche Luftwechsel für bestimmte Lüftungsstufen nicht erreicht wird, müssen lüftungstechnische Maßnahmen für das Gebäude vorgesehen und geeignete Lüftungssysteme ausgewählt werden.

Mehr über die vier Lüftungsstufen nach DIN 1946-6 lesen Sie hier »

Die Berechnungen für den Luftaustausch-Bedarf basieren auf dem CO2-Gehalt der Raumluft, der stets in einem für den Menschen verträglichen und behaglichen Bereich liegen soll. Ohne Lüftung steigt die Kohlendioxid-Konzentration im Raum kontinuierlich an, weil jeder Mensch durchschnittlich 20 Liter CO2 pro Stunde ausatmet.

Die natürliche Außenluft enthält in der Regel 300 bis 400 ppm CO2, was auch als 300 bis 400 cm³ CO2 pro m³ Luft dargestellt wird. Als Obergrenze der zulässigen CO2-Konzentration im Raum gelten 1.000 cm³ CO2 pro m³ Luft.

Aus der Anzahl der Bewohner und ihrer CO2-Erzeugung ermittelt die Software nach dem sogenannten Pettenkofer-Verfahren den erforderlichen Außenluft-Volumenstrom, der mit lüftungstechnischen Maßnahmen in den Raum geleitet werden muss.

Der notwendige Luftaustausch kann auch mit der Luftwechselrate n dargestellt werden. Die Luftwechselrate beschreibt, wie oft die Luft in einem Raum innerhalb einer Stunde ausgetauscht wird (durch Infiltration und ggfs. maschinelle Lüftung). Der zugeführte Frischluft-Volumenstrom (in m³/h) wird dabei durch das Luftvolumen eines Raums (in m³) dividiert. Die Einheit lautet 1/h. Bei einer Luftwechselrate von beispielsweise n = 2 1/h  würde die gesamte Raumluft stündlich zweimal ersetzt.

Die hygienisch erforderliche Mindestluftwechselrate beträgt in etwa n = 0,4 1/h (Annahme: eine Person pro 30 m² Wohnfläche, Raumhöhe 2,50 m, 30 m³/(h Person) erforderlicher Luftvolumenstrom, mittlere Haushaltstätigkeit). Daraus folgt: Innerhalb von 2,5 h sollte ein vollständiger Luftaustasch stattfinden.

Für eine erste Abschätzung kann der Lüftungsbedarf von Wohnungen anhand von Orientierungswerten ermittelt werden, die eine vollständige Berechnung jedoch nicht ersetzen.

Aus diesen Angaben können die erforderlichen Luftvolumenströme für die jeweiligen Lüftungsstufen ermittelt werden, die der weiteren Planung der natürlichen oder der ventilatorgestützten Lüftung zugrundezulegen sind.

Ziele der Lüftung und Lüftungsarten

Lässt sich einfach und ohne zusätzlichen Aufwand realisieren, benötigt allerdings i.d.R. die Mitwirkung der Bewohner  und ist insbesondere im Winter mit Heizwärmeverlusten verbunden. Kann nur geplant werden, wenn der Mindestluftwechsel nach GEG nutzerunabhängig auf anderem Weg sichergestellt ist.

Ist vor allem in Altbauten anzutreffen und auch als Berliner, Kölner oder Dortmunder Lüftung bekannt. Jeder zu entlüftende Raum ist an einen Abluftschacht bis zum Dach angeschlossen, sodass eine zielgenaue Entlüftung möglich ist. Für den Transport der Luft sorgen vor allem Temperaturunterschiede, wodurch die Systeme im Vergleich zur freien Querlüftung unabhängiger von der Windanströmung sind. Nachteile sind die zu planenden Zuluftöffnungen sowie die bei einfachen Systemen meist nicht integrierbare Wärmerückgewinnung. Moderner Schachtlüftungen können jedoch mit Ventilatoren und Wärmerückgewinnung ausgestattet werden.

Optisch sehr unauffällige Lösung, die sich auch beim Bauen in Bestand im Rahmen eines Fensteraustauschs mit geringem Aufwand realisieren lässt. Funktioniert nutzerunabhängig, deckt aber meist nur die Lüftung zum Feuchteschutz und eventuell die reduzierte Lüftung ab. Die Nenn- und Intensivlüftung müssen anderweitig gelöst werden – etwa durch freie Fensterlüftung unter Mitwirkung der Bewohner.

Verursacht gegenüber der freien Lüftung einen höheren Investitionsaufwand, Energiekosten im Betrieb und kann Geräusche verursachen. Entscheidender Vorteil ist jedoch die Unabhängigkeit von der Windanströmung an verschiedenen Gebäudeseiten sowie die Regelbarkeit der Luftvolumenströme. Bei nur nach einer Himmelsrichtung orientierten Wohnungen ist die aktive Luftbewegung eventuell unerlässlich.

Dezentrale Lüftungslösungen erfordern eine höhere Anzahl von Lüftungsgeräten. Die jeweils zugehörigen Außenluftdurchlässe müssen architektonisch integriert werden. Dafür entfällt die Installation von Lüftungsleitungen innerhalb der Wohnung.

Zentrale Lüftungsanlagen für eine oder mehrere Nutzungseinheiten oder sogar ganze Gebäude verursachen durch die Leitungsverlegung erheblichen Aufwand. Im Büro- und Gewerbebau mit abgehängten Decken oder Systemböden steht der benötige Platz zur Verfügung. Einschränkungen der nutzbaren Fläche oder der Raumhöhe werden im Wohnungsbau jedoch meist nicht akzeptiert bzw. führen zu unwirtschaftlichen Ausführungen. In Einzelfällen kann jedoch auch hier der Vorteil genutzt werden, dass nur ein einziges Gerät angeschafft und baulich integriert werden muss.

Dezentrale Lüftungslösungen können für jeden Raum einzeln organisiert werden. Dadurch steigt die Anzahl der benötigten Geräte, jedoch entfällt die Anordnung von Überströmöffnungen innerhalb der Wohnung. Jeder Wohnraum funktioniert autark und kann eigenständig geregelt werden.

Werden die Türen innerhalb der Nutzungseinheit mit Überströmöffnungen ausgerüstet, lässt sich die dezentrale Lüftung mit einer verringerten Anzahl von Geräten auch Wohnungsweise organisieren. Zu beachten sind gegebenenfalls der Schallschutz innerhalb der Wohnung sowie die Verhinderung von Geruchsausbreitungen. In der Regel sind die Wohnräume die Zulufträume – und Küche oder Bad Ablufträume.

Im Grundsatz kann die Lüftung mit oder ohne Wärmerückgewinnung (WRG) geplant werden. Die modernen Anforderungen an die Energieeffizienz machen WRG jedoch heutzutage meist unverzichtbar, weil anderenfalls die Lüftungswärmeverluste zu groß werden und eine aufwändige, oft unwirtschaftliche Kompensation an anderer Stelle erfordern. Ventilatorgestützte Lüftungslösungen werden darum überwiegend mit Wärmetauscher zur Wärmerückgewinnung angeboten.

Eine Alternative oder Ergänzung zur Wärmerückgewinnung kann vorgewärmte Zuluft sein. Die Luft wird dabei zentral außerhalb des Gebäudes angesaugt und zunächst durch das Erdreich, das Fundament oder den Keller geleitet. Erst die auf diese Weise vorgewärmte Luft gelangt in die Wohnungen. Dadurch werden unangenehme Zugerscheinungen vermieden und der Energiebedarf für das Anwärmen der Zuluft reduziert.

Jede Zuluftöffnung stellt unabhängig von der Bauweise und dem Lüftungssystem eine Perforation der Gebäudehülle dar. Sie kann damit potenziell den Schallschutz gegen Außenlärm schwächen, weshalb bei der Geräteplanung auf eine Schallschutzprüfung geachtet werden sollte.

Wohnungsweise organisierte Lüftungssysteme, bei denen Luft durch verschiedene Räume strömt, müssen im Hinblick auf die Geräuschübertragung innerhalb der Nutzungseinheit geprüft werden. Bei der Auswahl von Überströmöffnungen in Türen oder Wänden sollte die eingebaute Schalldämpfung berücksichtigt werden.

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